„Ruf und Rat“ feiert Geburtstag: Telefonseelsorge hilft Menschen bereits seit 60 Jahren

Krisen, Einsamkeit und Krieg: Die Anliegen, mit denen sich die Menschen an „Ruf und Rat“ wenden, haben sich in den letzten 60 Jahren stark verändert. Seit 1962 gibt es die katholische Beratungsstelle und Telefonseelsorge schon. Gabriele Stark leitet "Ruf und Rat" seit zwei Jahren und bemerkt vor allem einen Zuwachs an jungen Menschen, die Hilfe und Beratung suchen.
Ein offenes Ohr für jede Lebenslage
„Das Leben ist fragil geworden, das spüren junge Menschen besonders“, sagt Gabriele Stark. Die Psychologin leitet seit zwei Jahren die katholische Beratungsstelle und Telefonseelsorge „Ruf und Rat“. Vor allem Einsamkeit sei in letzter Zeit ein großes Thema. Doch auf Dauer könne man bei der Familie und den Freunden die eigenen psychischen Probleme nicht thematisieren, ohne Beziehungen überzustrapazieren. „Dafür sind wir mit unserem multiprofessionellen Team und dem geschützten Rahmen da“, so Stark. Im Vergleich zu den Anfängen von „Ruf und Rat“ nimmt die Leiterin jedoch mehr Offenheit gegenüber psychischen Erkrankungen und eine höhere Bereitschaft wahr, sich Hilfe zu holen. Auch eine anonyme Beratung ist möglich. Zum Angebot von „Ruf und Rat“ zählen auch juristische Beratung, Ehe- und Paarberatung, Familien- und Einzelberatung, Trennungsberatung, Supervision sowie Mediation.
Chat-Beratung wird immer wichtiger
Die Telefonseelsorge war zunächst unter einer Stuttgarter Nummer erreichbar und kostenpflichtig. Seit 1997 gibt es zwei bundeseinheitliche und gebührenfreie Telefonnummern (0800 111 0 222 und 0800 111 0 111). Die Nachfrage ist nach wie vor groß, auch wenn die Beratung per Chat, die vor allem Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene nutzen, kontinuierlich zunimmt. „Inhaltlich ist das, was die Menschen uns in Chats berichten, zum Teil viel gravierender als das, was sie uns am Telefon erzählen“, sagt Stark. Oft seien es Gewalt- und Missbrauchserfahrungen, worüber es leichter sei zu schreiben als sie auszusprechen. Die Psychologin geht davon aus, dass es in zehn Jahren mehr Menschen gibt, die den Chat nutzen als Menschen, die zum Telefonhörer greifen.
Gegründet 1962 als „Offene Tür“ in der Paulinenstraße
„Ruf und Rat“ wurde im Herbst 1962 als Einrichtung „Offene Tür“ mit den Aufgabengebieten katholische Telefonseelsorge, Ehe- und Familienberatung und Glaubensinformation eröffnet. Die Aufteilung in Telefonseelsorge, die rund um die Uhr erreichbar ist, und Beratungsstelle ist geblieben. Während man früher einfach zwischen 11 und 22 Uhr in der Paulinenstraße 40 vorbeikommen konnte, finden die Beratungstermine inzwischen nach Absprache online oder vor Ort im Rupert-Mayer-Haus in der Hospitalstraße statt. „Wir möchten den Menschen psychologische Beratung anbieten, bevor sich Probleme verfestigen“, so die Leiterin Gabriele Stark. Denn in der Regel verschwinden Probleme nicht, wenn man sie nicht angeht. Im Gegenteil, sie verstärken sich.
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